Quo Vadis Energiewende – Monitoringbericht und 10-Punkte-Plan Reiche

In der letzten Woche sind innerhalb weniger Tage 3 wichtige Beiträge zur Energiewende erschienen, die seitdem die Diskussion bestimmen:

  • Bericht zur Versorgungssicherheit Strom der BNetzA / Bundesnetzagentur (Link zum Bericht)
  • Monitoringbericht / Gutachten von 2 unabhängigen Instituten im Auftrag des BMWE (Link zum Bericht)
  • 10-Punkte-Plan des BMWE / von K. Reiche (als Reaktion auf die beiden vorgenannten Berichte)

Die beiden erstgenannten Berichte enthalten klare hilfreiche Informationen und Empfehlungen, leider sorgt der 10-Punkte-Plan von Reiche zu mehr Verwirrung und Besorgnis als zu klaren Antworten, wie es denn jetzt mit der Energiewende zum Nutzen für unser Land weitergehen soll.

Einige Anmerkungen zu den Berichten / zum „Reiche-Plan“

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Versorgungssicherheit Strom / BNetzA

Wie gesagt, hilfreiche Analysen, Herleitungen, Grafiken und mit der viel diskutierten Abschätzung der benötigten „regelbaren Kraftwerksleistung“ für längere Dunkelflauten von 22 GW (bzw. 36, wenn der Ausbau der Erneuerbaren Energien stockt).

ACHTUNG: dieser Bericht spricht von regelbaren Leistungen und nennt alle verfügbaren Arten wie Pumpspeicherkraftwerke, Biomasseanlagen, Batterien und auch Gaskraftwerke. Keinesfalls aber empfiehlt dieser Bericht eine dieser Arten, wie es anschließend K. Reiche getan hat, die dann nur noch von 22 GW Gaskraftwerken gesprochen hat. Fr. Reiche sollte den Bericht dieser Bundesbehörde noch einmal genau lesen.

Völlig unverständlich ist am Bericht, dass wichtige Parameter für die Berechnung dieser Reservekapazität völlig fehlen, das verwendete Simulationsmodell nicht in der Lage ist, diese Parameter zu verarbeiten.

Der wichtigste ist die stark ansteigende Kapazität an Batteriespeichern, die im Bericht komplett unberücksichtigt bleibt. Die Batteriekapazität steigt also gegenüber dem Ist-Stand nicht an, völliger Unfug. Daneben gibt es weitere relevante Parameter wie negative Strompreise, die das Modell verarbeiten sollte.

Ebenfalls unverständlich und unprofessionell ist die Nutzung von Gaskraftwerken als Vorgabewert. Als Konsequenz resultiert ein Strommix, der Gaskraftwerke überbetont und Alternativen zu gering gewichtet. Schade.

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Monitoringbericht der beiden Institute ewi und BET

Ein durch und durch professionell erarbeiteter und wertvoller Beitrag mit dem Titel „Energiewende.Effizient.Machen“. Als Ergebnis wird sehr deutlich empfohlen, den Ausbau der Erneuerbaren Energien weiter forciert zu verfolgen, nun aber auch größeren Wert auf ein netzdienliches Gesamtsystem zu legen.

Info dazu z.B. aus dem guten Beitrag des BEE / Bundesverband Erneuerbare Energien (Link hier)

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10-Punkte-Plan  K. Reiche

Die 10-Punkte von Reiche sind so allgemein formuliert, dass viele Marktakteure nicht wissen, wie diese nun zu interpretieren sind. Schlimmer noch: diese schwammigen unklaren Aussagen von Reiche haben die Unsicherheit erhöht und Unsicherheit führt immer zu Zurückhaltung, z.B. von Investoren. Diese Zurückhaltung sorgt dann dafür, dass unsere Wirtschaft keine wirkungsvollen Impulse erhält.

Beispiel: die Ampelregierung hatte in den nächsten Jahren ein Wirtschaftswachstum geplant, wodurch sich der Strombedarf bis in 2030 auf 750 TWh erhöht, z.B. durch Investitionen in E-Mobilität, Wärmepumpen, Rechenzentren etc..

Im Bericht zur Versorgungssicherheit wird nun eine Bandbreite von 600 – 700 TWh prognostiziert, weil der Hochlauf der genannten Faktoren (E-Autos etc.) langsamer verläuft, was  wohl der realen Entwicklung entspricht.

Reiche / BMWE geht in ihrer Prognose vom unteren Bereich aus, also von nur 600 TWh.

Dieses Signal von Reiche ist fatal, bedeutet das doch nahezu kein Wachstum unserer Wirtschaft bis 2030, weil der Strombedarf ein Indikator für Wirtschaftswachstum ist.  Insofern kein Wort bei ihren Punkten, wie es mit Elektrifizierung, Wärmepumpen, E-Mobilität etc. weitergeht. Wenn es eine Aufgabe einer Wirtschaftsministerin ist, dann die Wirtschaft anzukurbeln. Dazu gibt es keinerlei Signale, keine Ambitionen.

Beispielhaft 3 unterschiedliche Reaktionen auf den schwammigen 10-Punkte-Plan von Reiche:

  1. FAZ, das eher konservative Blatt spricht von „Beinahe resignativen Zwischentönen“ und dass sich „die Regierung auch dadurch nur Zeit kaufen möchte“ (Link hier)
  2. Merkur, das Münchener Blatt schreibt von einem „‚Kampfauftrag gegen Klimaschutz‘: Firmen und Verbände bemängeln Neuausrichtung der Energiepolitik“ (link hier)
  3. ZVEH, der Zentralverband des Elektrohandwerks unterstützt einzelne Ansätze „kritisiert aber die Herabsetzung von Zielen und Tempo sowie die Fokussierung auf Kosten. Positive Effekte einer ambitionierten Energiewende und wirtschaftliche Chancen werden vernachlässigt. (Link hier)
  4. PV Magazin, das Fachmagazin listet lesenswert auf, wo der 10-Punkte-Plan im Widerspruch zum sehr professionell erarbeiteten Monitoringbericht steht und spricht von 10 kaum nachvollziehbaren Maßnahmen (Link hier

Fr. Reiche bestätigt ihren Ruf als Lobbyistin der Gasindustrie und einer zentral organisierten Energieversorgung, während der Monitoringbericht die Stärkung dezentraler Elemente nennt.

Es ist wirklich erstaunlich wie offensichtlich K. Reiche ihre zentrale Gasversorgungsstrategie zu verkaufen versucht, die erstens die teuerste Lösung darstellt und zweitens klimaschädlich ist. Die Profiteure sind nur ihre ehemaligen Kollegen von E.ON, RWE usw..

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Fazit

Mit dem Ausbau der Erneuerbaren Energien sind wir auf dem richtigen Weg. Nun muss mit Nachdruck dafür gesorgt werden, dass die Netze angepasst und auch erweitert werden, um den Strom aus den Erneuerbaren auch aufnehmen und zwischen den Sektoren flexibel austauschen zu können. Ein solches eher dezentral organisiertes Energiesystem ist resilient und sorgt für geringe Kosten.

Fr. Reiche ist auf Grund der massiven Kritik schon vorsichtiger geworden und nennt in den letzten Tagen nicht mehr 20 GW Gaskraftwerke.

Die Diskussion wird sicherlich vehement weitergehen und es sollte alles versucht werden, die Transformation hin zu einem klimaneutralen Energiesystem zu unterstützen und damit die energischen Eingriffe der Öl- und Gas-Lobby zurückzuweisen.

Für Deutschland, für die dt. Wirtschaft, für unseren Wohlstand wäre eine forcierte Elektrifizierung mit dem Ausbau von E-Mobilität, Wärmepumpen, Rechenzentren etc. ein Gewinn und sinnvolle Investition in die Zukunft.

Text: Dr. Christian Baufelder

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